interview & artdirection by cris // Bei Johannes passt einfach alles. Alles hat seinen wertgeschätzten Platz. Die Bar ist Ausdruck für das, was ihm wichtig ist, ein Sinnbild für seine Haltung sich und den Menschen gegenüber, mit denen er diesen Raum teilt …
„Mit dem Material das ich habe möchte ich alles so gut wie möglich machen. Jeder muss da seine Möglichkeiten ausschöpfen. Nicht, dass man sich damit zufrieden gibt, was man ist, sondern schon, dass man sich täglich hinterfragt…“
1. Wir sprechen hier Menschen an, die unserer Meinung nach einen besonderen Ort mit persönlicher Ausstrahlung schaffen. So was schafft man nicht mal einfach so, da steckt viel Arbeit, Liebe und Zeit dahinter. Gerade hier sieht man, dass nichts dem Zufall überlassen wurde. Was war eure Idee dahinter? Welches Bild möchtet ihr vermitteln, wenn man an diesen Ort denkt oder hier ist?
Uns war wichtig, den normalen Bar- Kontext zu verlassen. Wir möchten also genau dieses Bild brechen, was man normalerweise von so einem Ort hat. Die üblichen Bars haben meist keine Fenster. Sie wirken wie ein Kellerraum, es ist dunkel gestrichen, es gibt Oma-Möbel. Dann gibt es eine Theke, dahinter ist ein Regal, im Idealfall verspiegelt, und davor stehen die ganzen Flaschen. Dabei geht es vom Ambiente her meist in zwei Richtungen: Entweder es ist irgendwie hutzelig unaufgeräumt oder eben total posh.
Wir wollten weder eine Nachbarschaftskneipe noch eine Berlin-Shabby-Chic-Bar oder Twenty-Up-Bar sein oder irgendwas zwischen Dieter Bohlen und Jungmillionär. Unsere Bar sollte einen großstädtischen, internationalen Charme haben. Klar mussten wir uns darauf verlassen, was uns optisch selbst anspricht. Das waren eben immer diese Konferenzräume aus der Vor-Wende-BRD-Zeit. Uns spricht architektonisch der Brutalismus am meisten an, was zwar mit dem „central congress“ nicht geklappt hat, aber diese innerstädtische Lage war uns für diese überregionale Strahlkraft total wichtig. Die Bar ist nah zum Hauptbahnhof, es gibt keine Nachbarn, es gibt nur ein großes Gebäude gegenüber, das Finanzamt Mitte. Von innen betrachtet stellt die Bar eine Konferenz Situation aus der Nachkriegszeit dar. Konferenz heißt ja nun mal „zusammenkommen“ und das ist genau das, was man in der Bar und im Nachtleben macht. Und genau das soll man hier mitnehmen. Ein großstädtisch-urbanes Gefühl. Das Gefühl, dass man einen Ort hat, an dem man zusammenkommen kann um zu reden, um sich kennenzulernen, letztlich um zu trinken. Wie auch Theodor Heuss schon gesagt hat: „Ich bin Genuss-Alkoholiker“.
Wir bekommen ziemlich viele positive Rückmeldungen. Es ist natürlich super, wenn Leute aus Offenbach, Stuttgart, New York und London kommen und sagen, dass das die besonderste Bar ist, die sie bisher gesehen haben.
2. Die Ordnung und Klarheit in diesem Raum, die strengen Linien, auch die Auswahl von Getränken zeigen das Prinzip des Minimalismus. Ist das ein Prinzip das du auch im Leben verfolgst: Selektion und Klarheit?
Es geht gar nicht anders. Für mich ist das eine Schadenminimierung. Ich finde es nicht so leicht, mich zu orientieren, zurechtzukommen mit dem, was um mich herum an Gestaltung bereits da ist. Alles ist irgendwie gestaltet und ich finde die meisten Sachen eben nicht schön.
Wenn ich mir das aussuche, was meiner Meinung nach gelungen gestaltet ist, dann läuft das automatisch auf etwas Minimalistisches hinaus. Wenn etwas „übergestaltet“ ist, es also zu viele Details gibt, dann lenkt das ab. Dabei tritt die Schönheit in den Hintergrund, die in der klaren Form liegt.
Grundsätzlich müssen es wenige Objekte sein, weil ich einen großen Ordnungsdrang habe. Es muss überschaubar,
einheitlich und schlicht sein. Sonst finde ich michin meinem eigenen Leben nicht zurecht. Ordnung bestimmt auch meinen Tagesablauf. Zuhause ist es aufgeräumt und minimalistisch — auch der Kühlschrank ist leer.
Wieso muss der Kühlschrank leer sein?
Wenn ich einen vollen Kühlschrank habe, habe ich keine Übersicht. Da sind Dinge drin, auf die ich unter Umständen vor drei Tagen mal Lust hatte, die ich aber heute nicht mehr brauche. Ich könnte nicht für drei Tage oder länger einkaufen. Ich steh morgens auf und überlege, worauf ich Lust habe und dann kauf ich mir das. Meistens auch nur fürs Frühstück und wenn ich mir abends überlege, dass ich eine Suppe essen möchte, dann gehe ich wieder
einkaufen.
Ich finde es schwer, mit diesem ganzen Kontext im Alltag zurechtzukomme. Von daher ist es hilfreich, wenn man seine Strukturen hat. Situativ und spontan handeln fällt mir leichter, wenn die Struktur drum herum fest ist. Wenn also die Optik klar ist und es wenige Gegenstände und wenig Beschäftigung gibt, die ich dafür aber umso mehr beachte und schätze. Sicher zerstreue ich mich auch, aber nur mit dem Wenigen, was mir gefällt.
Ist das nicht anstrengend?
Für mich nicht. Ich habe mich dem hingegeben. So bin ich. Mit dem Material das ich habe möchte ich alles so gut wie möglich machen. Jeder muss da seine Möglichkeiten ausschöpfen. Nicht, dass man sich damit zufrieden gibt, was man ist, sondern in jenem Sinn, dass man sich fortlaufend hinterfragt: Möchte ich ein offener Mensch sein? Möchte ich eine positivere Grundeinstellung? Wie möchte ich arbeiten? Wieviel möchte ich arbeiten? Mit welchen Menschen möchte ich mich umgeben? Ich bereite mich auch gerne darauf vor, bevor ich Freunde treffe — weil ich weiß, dass ich dann alles gebe, was ich habe. Es gibt Leute, die brauchen das gar nicht. Jeder muss in seinen eigenen Grenzen handeln.
Anstrengend wird es nur, wenn man sich kennt und versucht, nicht mehr sich selbst zu sein.
3. Warum hätte für dich diese Bar nicht auf einem Szene-Kiez entstehen können, wo man sich sein Publikum nicht so hart erkämpfen muss wie hier am Hauptbahnhof, wo es nachts leer ist?
Das ist die gleiche Sache, über die wir gerade geredet haben: Minimalismus und Schönheit. Wir wollen vermeiden, dass irgendwelche Leute „hereinfallen“. Wir wollen keine Nachbarschaftsbar, sondern einen Ort mit großstädtischer Atmosphäre, an dem sich Menschen begegnen, die ein ähnliches Verständnis von einem gelungenen Abend haben wie wir. Wir schaffen ein abgesondertes Angebot. Dieses Gefühl, man kann diesen Ort entdecken; eine Art Inselsituation. Dabei fällt auf, dass die Leute vornehmlich auch toll angezogen und zurecht gemacht sind. Dieses Gemeinschaftsgefühl gefällt mir. Diese bewusste Entscheidung hier herzukommen, um einen schönen Abend zu verbringen. Quasi eine Verabredung mit dem Ort und seinen Menschen darin.
Wie ich schon sagte, ich bereite mich auch vor, bevor ich auf Menschen treffe. Ich mach das nicht, wenn es mir nicht gut geht, sondern nur wenn ich den hohen Energie-Level habe, auf dem ich ein toller Mensch sein kann. Ich habe das Gefühl, dass das hier mit dieser Bar und dieser Lage auch klappt. Dass die Leute hier bewusst herkommen, und das auch mit einen gewissen guten Energie-Level tun. Zudem fühle ich mich selbst in St. Pauli nicht besonders wohl, es ist mir von allem einfach zu viel. Gerade an den Wochenendtagen wird von Menschen überrannt, die durchdrehen wollen.
Natürlich kann man sich sein Publikum nicht wirklich aussuchen. Ich und mein Partner Olli sind hier quasi die Gestalter des Bühnenbildes. Das strahlt von Anfang an auf das Publikum ab, auch über die Getränkeauswahl. Man kann das Publikum also ein wenig ‚zurechtmachen‘. Man kann durch die Macht, die man hinter der Theke hat, mehr bewirken als der Gast. Man handelt aus dem Raumrecht heraus, und hat damit eine bessere Verhandlungsposition.
Deswegen hätte der Laden auf dem Kiez nicht funktionieren können. Der hätte ihm die ruhige Kraft entzogen.
4. Du hast Kunst an der HFBK studiert, hast die Performance-Kunst als Ausdrucksmittel für dich entdeckt und beschäftigst dich mit philosophischen Fragestellungen. Inwieweit passen Barbesitzer und Performance-Künstler zusammen? Gibt es da eine Symbiose oder sind das Parallel-Welten?
Es ist keine Symbiose, es ist eine Welt. Hinter dem Tresen verschwinde ich nicht in einer Rolle, ich bewege mich auf einer Präsentations-Plattform. Es gibt zwar immer wieder Künstler, die innerhalb einer Performance eine Rolle einnehmen, aber diese ‚Künstler-Erfinder-Person‘, das gespielte Alter Ego finde ich nicht schön. Es ärgert mich sogar, wenn es gelingt. Von Kunstfiguren halte ich nichts. Nehmen wir David Bowie, der gerade in allen Köpfen ist. Ich finde den Menschen toll, wenn er David Bowie ist, aber nicht wenn er ein Superhelden- Ego entwirft.
Bei meiner Performance bin ich schon sehr authentisch. Ich verstecke mich nicht zur Sicherheit hinter einer zynischen, sarkastischen, besserwisserischen oder ‚drüber lachen‘-Haltung — wie das gerade im Moment im Theater ziemlich verbreitet ist. Es darf kein Philosoph mehr in einem ernsten Ton vorgetragen werden, man muss die Inhalte komisch-humoristisch oder überspitzt darstellen, damit man bloß nicht auf seine Überzeugung festgenagelt werden kann. Hier wird der Schauspieler zum Regisseur. Mir erscheint das wie vor der Ehrlichkeit zu kuschen: Große Gedanken, Zitate die nicht von einem selber kommen, müssen überzogen dargestellt sein, damit man sie für ironisch halten kann. Das finde nicht gut.
Deswegen sehe ich zwischen Performance und Bar fast keinen Unterschied. Höchstens, dass ich bei der Performance stark mit mir selbst beschäftigt bin, während die Arbeit an der Bar eher Fluxus (eine Form der Aktionskunst) ist – Performance also mit sehr viel Interaktion mit dem Publikum. Mental bereite ich mich auf beides gleichermaßen vor, bin also in beidem gleichermaßen ich und möchte gute Strahlungen aussenden.
5. Wie muss ich mir das nun vorstellen, dein Vorbereiten auf vierStunden Performance aus dir heraus?
Das war eine Performance. Ich arbeite mit Assoziationsketten. Ich glaube, dass man sich immer etwas zu erzählen hat. Ich bin kein Fragesteller, weil da unter Umständen das Gespräch stockt oder ich jemanden nötige, etwas zu beantworten, was er gar nicht beantworten will oder kann. Wenn man gemeinsam redet, gibt es eine Assoziationskette die hin und her geht, so läuft für mich ein vernünftiges Gespräch. Und so läuft auch ein vernünftiges Selbstgespräch. Egal was man gerade sagt, laut ausspricht oder einfach nur denkt, es gibt keinen Moment, dem nicht der nächste Gedanke folgt. Das meine ich mit der unbedingten Ehrlichkeit, ohne Ironie, ohne Zynismus. Ich glaube, ich kann ganz gut ehrlich öffentlich mit mir sein. Ich schäme mich nicht, die Gedanken außerhalb meines Kopfes laut zu verwursten. Da kann man sich natürlich in den Rausch reden. Das kann besser werden und sich immer weiter steigern, weil man merkt, es funktioniert mit sich selbst. In der Performance rede ich natürlich nicht ohne Unterlass, gefühlt gibt es immer Momente in den ich einfach innehalte und überlege, wo setze ich jetzt an, wie möchte ich das entwickeln. Das Gehirn ist wahnsinnig leistungsfähig, man hat so viele Möglichkeiten zu gestalten. Viel mehr als man eigentlich glaubt, wenn man sich einmal drauf einlässt. Es ist ein bisschen so, als wenn man um sein Leben rennt – da ist der Körper auch zu Höchstleistungen bereit. Dem kann man sich einfach freiwillig aussetzen.
Performance ist für mich eine Möglichkeit, Energie freizusetzen. Ich glaube, Energie wird nicht dadurch freigesetzt, indem man versucht ein bestimmtes Ziel zu erreichen, ein Tennismatch zu gewinnen oder Muskelmasse aufzubauen, sondern durch Ekstase. Indem man sich kaputt macht, an den Rand bringt und der Körper in sich zusammenbricht. Diese Freisetzung von Energie mache ich mit dem Kopf genauso wie mit dem Körper, wenn ich anfange, richtig zu denken. Dann mache ich das, bis Ende ist. Reden, reden, reden oder Bewegung, Bewegung, Bewegung. Sachlichkeit, Sachlichkeit, Sachlichkeit, die Dinge so lange durchexerzieren, bis man auf einen kleinen Kern gekommen ist, an der Ebene des hellsten Lichts. Reine Energie, dieser Moment erzeugt bei mir Gänsehaut. Dem setze ich mich gerne aus.
6. Sich freigeistig entwickeln und dafür Ausdrucksmittel für sich zu finden, baut ja entweder auf der Säule der Revolte oder auf Zugang und Unterstützung durch elterliche Prägung auf. Wie war das bei dir?
0,00% Revolte. Sicher elterlich geprägt. In unserer Familie gilt die Erziehungsmaxime „Je mehr Verantwortung du zeigst, desto mehr Freiheiten hast du.“
Das ist, wie wenn man den Affen Zucker hinhält. Natürlich hat man Lust auf die Freiheiten, die wurden auch tatsächlich nicht kontrolliert, die gab es einfach, wenn die Verantwortung da war. Durch Verantwortung zu übernehmen haben wir Kinder sehr schnell gelernt, früh für uns selbst und mit uns selbst zu sein. Dann überträgt sich diese Verantwortung auch auf den Freizeitbereich. Man ist automatisch auf einem anderen Erziehungs-Level. Man wird nicht auf einmal ein randalierender Idiot und dreht die Medaille um, wenn man seine Verantwortung gezeigt hat. Meinen Eltern war wichtig, dass wir uns frei entwickeln können, auch im Denken. Sie waren nicht erpicht darauf, dass wir eine große kulturelle Bildung bekommen, es gehörte einfach in den Alltag. Es war einfach ein Grundton, der mitschwang.
7. Was heißt frei sein für dich?
Wenn ich möglichst gut meine Lebensvorstellung umsetzen kann. Ich die Möglichkeit habe, mich mit meiner Umgebung wohl zu fühlen. Wenn ich selber meinen Alltag gestalten und bestimmen kann, welche Objekte und Menschen mich umgeben. Das ist, was ich lebe und etwas anderes möchte ich auch gar nicht probieren.
8. Bist du in denen Entscheidungen eher autark oder entwickeln sich deine Visionen durch Inspiration (Orte, Menschen, Gesellschaft…)?
Ich muss ganz viel aussortieren, weil ich viele Sachen sehe, die mich stören. Es wäre total vermessen zu sagen, was ich denke, gestalte oder tue, war eine Entscheidung nur aus mir heraus. Es ist alles geschichtlich einzuordnen. Von vorne bis hinten eine Inspiration. Anders geht es gar nicht. Wenn man eine schöne Sache gesehen hat, die einen interessiert, das wird man nicht mehr los. Das will ich ja auch gar nicht loswerden. Es berührt mich sogar oft mehr, wenn etwas von außen kommt und nicht etwas ist, was ich selbst gemacht habe.
Aus der Masse der schönen Formen und Gedanken, die man kennengelernt hat, entwickelt sich ja meist etwas Neues, weil selbst in der Erinnerung der Kopf es nicht schafft, es genau zu reproduzieren. Daher würde ich sagen, es ist relativ wenig autark. `Autark sein` ist eher etwas zwischen den Menschen. Ich würde in den wenigsten Fällen von einem Freund, Bekannten oder der Familie einen Rat einholen. Entscheidungen treffe ich sehr gerne mit mir selbst. Zumindest, wenn sie mich betreffen. Wenn es hier um den Laden geht, dann ist klar der Laden der
Entscheidungsträger. Olli und ich sind die beiden Seiten, die sich darum kümmern und wir beraten uns diesbezüglich untereinander und nicht mit anderen.
Entscheidungen treffen ist autark, aber Inspiration ist eben Inspiration, das kommt von außen.
9. Es gibt 5 Sinneskanäle die maßgebend für unser Wahrnehmen sind. Bei mir ist es klar das Visuelle, das mich auf Dinge aufmerksam macht oder die Wahrnehmung von außen selektieren lässt. Auf welchem Sinn tickst du?
Dafür bin ich nicht stabil genug, um das genau sagen zu können. Ich finde, dafür funktioniert auch der Kopf nicht jeden Tag gleich. Es gibt Tage, da sind meine Augen fast egal, obwohl ich schon extrem visuell denke. Aber wenn ich zum Beispiel Musik mache, dann ist mir der Raum egal, dann mache ich Musik. Wenn wir uns um ein neues Getränk kümmern, dann sind es Mund, Nase und dann erst die Augen. Wenn ich etwas esse, dann ist es erst der Anblick, aber den halb-leeren Teller betrachte ich dann aber eben nicht mehr intensiv. Dann hätte ich ja das schöne Bild kaputt gemacht und der Geschmack wird vordergründig. Mein Kopf lässt sich da ganz gerne treiben.
Ich habe einen großen Mund, große Ohren und Augen, da schreit alles nach Aufmerksamkeit.
10. Ist diese Bar ein Projekt unter Freunden oder ist es eine eher businessmäßige Entscheidung?
Es ist auf keinen Fall ein Projekt unter Freunden. Wenn ich das so höre, dann gefällt mir das schon mal überhaupt nicht. Das wollten wir aber auch gar nicht. Es ist businessmäßig, obwohl wir befreundet sind. Das soll ja auch nicht damit aufhören, sondern wir wollen zusammen weiter überlegen, was man Schönes machen kann. Unsere Freundschaft ist bestimmt durch Themen wie Architektur, Innenarchitektur und Immobilien, die wir uns angesehen haben. So wie man mit 20 vielleicht über Bands geredet hat, so reden wir jetzt über Architektur. Wir haben uns auch nicht zusammengesetzt „Lass uns mal ne coole Bar machen“. Wir haben einfach ähnlich Ansätze von den visuellen Vorstellungen, was einen schönen Raum ausmacht. Daraus ist der Gedanke entstanden, etwas zusammen machen. Da wir schlecht eine Privatbank gründen konnten, beide gerne trinken, wurde es erstmal eine Bar.
11. Was hat es mit dem Namen auf sich? Central Congress?
Es sollte einfach keine Geschichte erzählen oder irgendwas mystisch-Konstruiertes haben. Wir sind central in der Innenstadt, Congress mit ‚C‘,erinnert an die Bonner Republikzeit und meint dabei zusammenkommen. Wir gaukeln keine Geschichte vor, sondern das macht man hier.
12. Du hast in unserem Vorgespräch erwähnt, dass dich Gleichförmigkeit, Routine und zweckmäßiges Miteinander nicht interessieren oder eher langweilen. Also wo siehst du dich in fünf Jahren, was kommt als nächstes?
Routine und Gleichförmigkeit finde ich im Kleinen sehr gut. Strukturen, die es im Leben leichter machen, eine größere Routine zu verlassen. In fünf Jahren, soweit kann ich nicht planen. Ich denke lieber daran, dass ich im Jetzt die Stellschrauben verändere, die ich verändern kann, die dann zukunftsweisend sind. Ich bin zum Beispiel wieder auf der Suche nach Immobilien in anderen Städten. Zudem mach ich mache Moodboards, das heißt ich sammel Bilder und Internetseiten mit schönen Objekten, ich schreibe mir Gedanken dazu auf. Ich möchte einfach gestalten. Ob das jetzt im Musik-, Kunst-, Immobilienontext ist. Ob Bar, Hotel oder Restaurant, ich möchte einfach weitermachen. Ich habe keine Lust, mich zufrieden an einem Punkt zufrieden zu geben. Es ist genau das Gleiche wie mit Performen oder Sport machen. Es ist erstmal nicht zweckgebunden, aber solange Energie da ist, die ich verpulvern kann, bis dieser Schmelzpunkt kommt, wo das strahlende Licht ist, oder rauskommt aus der Supernova, solange mache ich das. Deswegen weiß ich nicht, wohin das führt, es führt dahin, wo es endet.
13. Was ist die beste Idee bis jetzt in deinem Leben?
Eigentlich der Punkt, wo ich angefangen habe, mich ganz bewusst und ehrgeizig zu verändern. Zu fragen, was bin ich? Was ist das Potenzial, das ich verbessern kann? Das war relativ spät, so um die 20 herum, ich musste erst die Trotzigkeit ablegen und mehr zulassen.
Wie kann ich mit den Anlagen, die ich habe zufrieden werden, ohne ein anderer Mensch zu werden? Wie will ich sein? Das jeden Tag zu hinterfragen. Ab dem Punkt, an dem ich damit angefangen habe, hat mir das Leben leichter gemacht. Nicht nur für mich, auch für Menschen, mit denen ich mich umgebe.
14. Nenne mir bitte spontan drei bis fünf Begriffe, die Euch zu „Central Congress“ einfallen?
BRD…trifft eigentlich alles. Solide begrenzte Alkoholauswahl, cleaner Look, es wird geraucht; überdurchschnittlich gut gekleidete Menschen und gutes Benehmen.
15. Es ist spät, alle Gäste sind gegangen: Wie sieht er aus, dein Feierabend-Moment? Musik noch mal aufdrehen und Putzbier? Ein kleiner Drink und die Stille genießen? Oder aufräumen und raus hier?
Tagesverfassung, aber alles was du genannt hast, trifft zu. Es gibt kein festes Ritual, dazu müsste es eine Belastung sein. Aber ich bin ja auch nicht „alle“, nach einem Abend.
16. Du hast erzählt, dass Menschen, die hier arbeiten wollen fünf Lieder aus ihrer Playlist spontan sagen sollen – was sind deine fünf Lieder?
1.joseph haydn // the seven last words of christ
https://open.spotify.com/track/37KS8hUgouCH0x3HMK2nVx
Jetzt müsste ich ganze Alben nennen: Was meist schwieriger ist ein ganzes Album toll zu finden…
2.tv- on the radio // return to cookie mountain
https://open.spotify.com/album/3YaVD2hO7KCFZZAontt2YD
3.otis g johnson // everything — god is love
https://open.spotify.com/album/6J8Oykz2aBLGMgDptwqcDH
4.c duncan // architect
https://open.spotify.com/album/78P9n423U8HdXJnMrgwG2U
5.atelje // meditation
https://open.spotify.com/album/0XHRDhWrg4HxrVcN02qA6e
und natürlich Dean Blunt…
17. Auf einer Skala von 1-10: wie geht es dir heute?
4
Quickreport:
1.süss oder salzig? salzig
2. morgens oder abends? das ist ein fließender Übergang.
3. mehr ist mehr oder weniger ist mehr?
4. lieber allein oder am liebsten mit vielen? lieber alleine.
5. auto oder fahrrad? fahrrad
6. sekt oder selters? selters
7. berge oder meer? berge
8. electro oder pop? pop
9. Bleistift oder Kugelschreiber? das hängt von der Qualität ab.
10. rom oder hongkong? ich glaube Hongkong
…Danke für dein Mitmachen – und dass du uns teilhaben lässt.
found // by cris
johannes // Selten bin ich so „satt“ aus einen Gespräch gekommen wie nach dem Interview mit ihm. Natürlich hatte ich damit gerechnet, dass es besonders sein wird, weil Johannes einfach durch seine extrem ruhige und bedachte Art auffällt. Nichts überlässt er dem Zufall. Alles wird geordnet, sortiert und Struktur ins Leben gebracht. Johannes ist extrem ehrlich, extrem diszipliniert bei dem was er tut, extrem bewusst, ein extremer Ästhet, extrem klar auch in seiner Sprache und extrem konsequent. Jemand, der sich selbst zum Thema macht und daran arbeitet mit sich und anderen „gut“ zu sein.
Seine Gedanken hallen nach und sind der Anfang für viele Assoziationsketten. Das ist wie Ping- Pong im Kopf. Es macht Spaß, ihm zuzuhören und sich darauf einzulassen. Dabei entstehen im Hirn ganz neue und spannende Verknüpfungen.
Bei Johannes passt einfach alles. Alles hat seinen wertgeschätzten Platz. Die Bar ist Ausdruck für das, was ihm wichtig ist, ein Sinnbild für seine Haltung sich und den Menschen gegenüber, mit denen er diesen Raum teilt— tendaysaweek.
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