VISUELLER TIEFGANG — „MMXX“


Die Zerrissenheit von Nähe wollen und nicht dürfen— bewegt und bewegend darzustellen, das war die Intension, die Rebecca Hoppé, gemeinsam mit den beiden Tänzern Patricia Friza and Aleix Martinez, veranlasst hat diesen Film zu machen.

Durch Corona bewegen wir uns in einer Zeit, in der das Selbstverständnis ins Schwanken gerät — ein „Nichts“ bricht auf…, aber auch die Möglichkeit, das entstandene Vakuum neu zu füllen.

Alles „nichts Neues“… die Meisten sind, zumindest medial von Corona kuriert, genervt und ganz allgemein wünschen sich viele am liebsten nur die „Normalität“ zurück. Aber was war und ist normal? Wo ist meine Grenze was mir guttut, und die der Anderen? Der moralische Kompass muss wieder mal neu justiert werden. Das hat mir Corona aufs Neue gezeigt— am Gartenzaun ist die Welt nicht zu Ende. Ich muss mich neu verhalten, im Miteinander— zueinander.

we (still) love what we do — tendaysaweek.

„MMXX“

Die Zerrissenheit von Nähe wollen und nicht dürfen— bewegt und bewegend darzustellen, das war die Intension, die Rebecca, gemeinsam mit den beiden Tänzern Patricia Friza and Aleix Martinez, veranlasst hat diesen Film zu machen.

Zwei Menschen auf dem leeren Plateau der Hamburger Gegenwartskunst tanzen hin und her — maskiert, ohne jegliche Berührung, bewegen sie sich weiter als Wellen durch die menschenleere Innenstadt. Mystisch, dunkel, schwarz/weiß sind dabei typische Stilmittel von Rebecca, und welche die Skurrilität dieser menschenleeren Orte, an denen sonst das „Leben tobt“, unterstreichen. Ohne Worte sieht und spürt man, dass etwas nicht in seiner Ordnung ist. Etwas verhält sich anders, ungewohnt—  ein Tanz ohne Berührung, aus bunt wird schwarz/weiß, aus emsigen Alltagstreiben wird Leere. Nicht nur die Distanz der Tänzer/in wird sichtbar. Auch zwischen uns, dem Betrachter/in und den Darstellern/in baut sich fast fühlbar emotionale Kälte auf. Ein Schauer — ich sehe fühlend.

Rebeccas Inszenierung richtet sich nicht nur in diesem Film, auch in ihrem fotografischen Werk, auf das Innere eines Menschen. Es interessiert sie in ihrer Arbeit besonders das sinnliche Erleben des Betrachters/in, nicht nur die Projektion und Visualisierung der eigenen Gefühle.

„Ich wusste genau wie sich der Film beim Sehen anzufühlen hat“, sagt Rebecca auf meinen Balkon stehend, eine Zigarette rauchend. Aus ihrer Sicht ist das „Gesehenwerden als Mensch“das Wichtigste was das Dasein ausmacht. Wenn dieses Gefühlt der Verbundenheit zur Welt fehlt, wird der Mensch krank. Corona hat viele für einen Moment in diesen Zustand der Unverbundenheit gebracht und dieses Gefühl schien für sie bedrohlicher als die Angst an einem Virus zu sterben.

Es fällt Rebecca leichter, Gefühle sichtbar zu machen als sie zu beschreiben, sagt sie. Das mag daran liegen, dass sie auch vom Tanz kommt- und weiss wie man körperlich Emotionen darstellt. Die Musik zu ihrem Film bildet dabei ein eindrucksvolles „Stimmungszelt“, trauernd und doch irgendwie wohlwollend. Kein Wunder, es ist ein Requiem ihres in Mexiko lebenden Vaters. Ein Totenlied — wie passend.

Mich bewegt das — nicht nur das Thema, auch die Form. Ein Film, entstanden aus einer Sammlung von Erfahrungsmaterial, scheinbar unbedeutende Details, Schnipsel der Erinnerung, die im Ganzen zu einem Gefühl des Betrachters/in werden. ICH und DU – hin und her– von sich weg und wieder zurück oder wie Nietzsche sagen würde: „Das Leben ist Tanz“.


Danke Rebecca für diesen Inspiration.



Music credit: ‘Pie Jesu’ is from the album “Peace & Reconciliation” by Michael Hoppé. Conducted  by Ryan Holder, and sung by the Sedona Academy of Chamber Singers with the Tetra String Quartet. “MMXX” by Rebecca Hoppé, Hamburg 2020 (c)@rebeccahoppe_


film by

Rebecca Hoppé


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